Die „Verkehrswende“ ist ein wichtiger Bestandteil der Berliner Koalitionsvereinbarung. Eine solche Vereinbarung zwischen Parteien ist allerdings ohne Senats- bzw. Abgeordnetenhausbeschluss für die Verwaltung nicht verbindlich.
Nach nunmehr 5 Jahren hat die grün besetzte Hausleitung SenUVK noch nicht viel mehr als einige Radwege zustande gebracht. Die grüne Verkehrssenatorin klagt weiterhin vor dem Oberverwaltungsgericht gegen Tempo 30 auf der Berliner Allee!
Die Planung der Straßenbahn-Nordtangente vom Pasedagplatz zum S-Bahnhof Pankow kommt seit 2 Jahren nicht voran. Unter der Überschrift „Verkehrskonzept NordOst“ plant die Verwaltung jedoch weiterhin neue Hauptverkehrsstraßen. Einige davon werden noch mehr Kfz-Verkehr auf die Berliner Allee leiten.
Dagegen wehren wir uns und machen Vorschläge für die Verkehrswende, um die Verkehrssituation im Berliner Nordosten zu verbessern und die Lebensqualität der unter Lärm, Gefahren und Luftverschmutzung leidenden Bewohner*innen an und um die Hauptverkehrsstraßen wie der Berliner Allee zu verbessern. Diese Bausteine für eine Verkehrswende Nord-Ost stehen in Antragsform zur Verfügung. Wir fordern die Abgeordneten der Berliner Regierungskoalition auf, die in der Koalitionsvereinbarung enthaltende Verkehrswende im Abgeordnetenhaus als Auftrag an SenUVK zu beschließen und nicht weiter darauf zu warten, dass die Hausleitung sie von sich aus voranbringt. Damit können die Regierungsparteien zeigen, dass sie es ernst meinen mit der Verkehrswende und notwendige Schritte im Interesse der Bürger*innen, des Klimaschutzes und der kommenden Generationen veranlassen.
Ein Klick auf die Bausteine 1 bis 6 führt zum Antragsdokument (PDF), dass jeweils eine ausführliche fachliche Begründung enthält.
Baustein 1: Die Berliner Allee abstufen und stadtverträglich umbauen
- Die Berliner Allee ist aufgrund der städtebaulichen Rahmenbedingungen und der Belastungen für die Bewohner*innen des Stadtteils Weißensee als Bundesstraße mit der höchsten Einstufung („Kontinentale Straßenverbindung“) ungeeignet. Wie im Stadtentwicklungsplan Verkehr (StEP) vom März 2011 vorgesehen muss eine Abstufung der Straße erfolgen. Die Abstufung sollte entsprechend der aktuellen Lage um zwei Stufen zur „örtlichen Straßenverbindung“ erfolgen. Die Bundesstraße 2 wird umgelegt über die Landsberger Allee und Hansastraße/Darßer Straße.
- Im Abschnitt Pistoriusstraße – Rennbahnstraße wird die Berliner Allee einschließlich Knotenpunkt Berliner Allee / Indira-Gandhi-Straße wie folgt umgebaut:
- Durchgängiger, baulich abgetrennter besonderer Bahnkörper
- Haltestellen hinter den Lichtsignalanlagen anstatt davor
- Kurze Umsteigewege zwischen Straßenbahn und Bus
- Durchgängige beidseitige Radverkehrsanlagen
- Durchgängige beidseitige Gehwege mit Breiten gem. AV Geh- und Radwege
- Herstellung von Querungsmöglichkeiten für Fußgänger an allen Knotenarmen signalisierter Knoten, Haltestellenabgängen und mindestens alle 200 m
- Wiederherstellung des Alleecharakters durch Straßenbäume
- Keine Dreiecksinseln
- Die Planung zu wird kurzfristig begonnen und durchgeführt, so dass 2021 die Vorplanung in die Bürgerbeteiligung geht und 2022 die Auslegung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens erfolgt.
Wesentliche Forderungen dieses Bausteins wurden am 31.10.2019 von der – nicht zuständigen – BVV Pankow beschlossen – siehe Meldung dazu auf der Hauptseite.
Baustein 2: Radspuren im Zentrum Weißensees
- Auf der Berliner Allee im Zentrum des Ortsteils Weißensee sind Radfahrstreifen und Fahrradstellplätze auf der Fahrbahn anzulegen.
- Die Radfahrstreifen sollen stadtauswärts von Gürtelstraße bis Smetanastraße und stadteinwärts von der Indira-Gandhi-Straße bis zur Lehderstraße führen. Ggf. ist ein Radfahrstreifen in Regelbreite mit einer überbreiten Kfz-Spur zu kombinieren.
- Anpassung von Lichtsignalanlagen sollen nicht zu Lasten des ÖPNV und des querenden Fußgängerverkehrs gehen
- Von den Kfz-Stellplätze in Längsrichtung zwischen Antonplatz und Smetanastraße ist jeweils der erste und letzte Kfz-Stellplatz in einen Fahrradstellplatz umzuwandeln und mit Bügeln zu versehen. Auch die Dreiecksflächen in den Verschwenkungsbereichen sind mit Fahrradbügeln zu versehen.
Der Kern dieses Bausteins, die Fahrradspuren – wurde am 4. März 2020 von der – nicht zuständigen – BVV Pankow beschlossen – siehe Meldung dazu auf der Hauptseite.
Baustein 3: Planungen für Straßen Karow–B2 und B2–Hohenschönhausen beenden und dort Radwege bauen
- Das Planfeststellungsverfahren für die Verbindungsstraße Karow – B2 wird eingestellt und die Verbindungsstraße Karow – B2 wird aus dem „Übergeordneten Straßennetz von Berlin, Planung 2025“ ersatzlos gestrichen.
- Die Straßen im Neubaugebiet Karow Am Teichberg werden zum Zweck der Feinerschließung des Wohngebiets einseitig an den Ortskern Karow angebunden. Die Kreuzung Bahnhofstraße / Alt-Karow / neue Erschließungsstraße / Blankenburger Chaussee wird so dimensioniert, dass sie diesen Zweck erfüllt.
- Die überörtliche Verbindungsstraße B2 – Neu Hohenschönhausen wird aus dem „Übergeordneten Straßennetz von Berlin, Planung 2025“ und dem Flächennutzungsplan ersatzlos gestrichen.
- Auf den für beide Verbindungsstraßen vorgesehenen Trassen werden im Radverkehrsplan attraktive Radverkehrsanlagen geplant.
Auch bei SenUVK gibt es anscheinend Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Straße. Daher wurde sie in die „Verkehrliche Untersuchung zum Straßennetz im Nordost-Raum Berlins“ aufgenommen. Nachdem diese Studie 2 Jahre lang auch vor Abgeordneten geheim gehalten wurde, erschien sie im Frühjahr 2020 auf https://www.berlin.de/senuvk/verkehr/politik_planung/strassen_kfz/nord_ost_raum/index.shtml
Baustein 4: Kein Bedarf für die Ortsumfahrung Malchow im Bundesverkehrswegeplan (BVWP)
Das 2016 vom Bundestag beschlossene Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) stellt der Bedarf an BVWP-Projekten gesetzlich fest. In seinem § 4 heißt es: „Nach Ablauf von jeweils fünf Jahren prüft das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, ob der Bedarfsplan der Verkehrsentwicklung anzupassen ist; in die Prüfung sind die bei der Bedarfsplanung berührten Belange, insbesondere die der Raumordnung, des Umweltschutzes und des Städtebaus, einzubeziehen. Die Anpassung geschieht durch Gesetz.“
Dazu erfolgt eine erneute Nutzen-Kosten-Untersuchung. Alle Vorhaben werden umwelt- und naturschutzfachlich untersucht und hinsichtlich ihrer ökologischen Risiken eingestuft. Auch das erneute Gesetz (FStrAbG) ist vom Deutschen Bundestag zu beschließen.
- Der Senat soll dafür sorgen, dass die Neubewertung der OU Malchow bei der Überprüfung gem. § 4 FStrAbG aufgrund korrekter und vollständiger Angaben und den Zielen des Landes Berlin, den Klimazielen der Bundesregierung und unter Einbeziehung des Ortsteils Weißensee erfolgt.
- Der Senat soll veranlassen, dass der Deutsche Bundestag das FStrAbG nach dem Überprüfungsverfahren ohne das Projekt „B2n-G20-BE Ortsumfahrung Malchow“ als „vordringlichem Bedarf“ beschließt.
- Die Baumaßnahmen zum Neubau der Ortsdurchfahrt Malchow sollen zügig begonnen werden.
Hier sollen zunächst die beteiligten BVVen Bezirksämter und Senat zum Handeln auffordern: Lichtenberg (Dorf Malchow) und Pankow (Stadtrandsiedlung Malchow, Umfahrung).
Baustein 5: Parkraummanagement
Die Parkraumbewirtschaftung muss ausgeweitet werden. Kfz-Stellplätze sollen reduziert und je nach Zentralität teurer werden. Die neue Möglichkeit, Gebühren für Bewohnerparkausweise per Landesverodnung zu regeln, soll zur Erhöhung der bislang lächerlich niedrigen Gebühren und zur Staffelung nach Fahrzeuglänge und Leistung oder Gewicht verwendet werden.
Baustein 6: Öffentlicher Nahverkehr – Verkehrswende Berlin Nordost
Wenn die Leute weniger Auto fahren sollen, müssen sie Alternativen haben. Der aktuelle Nahverkehrsplan und das Konzept i2030 enthalten schon viele gute Projekte. Wir machen in Zusammenarbeit mit den Fachleuten der IG Nahverkehr weitere Vorschläge, u. a.:
- Verdichtung des heutigen 60-min-Taktes im Regionalverkehr Angermünde – Eberswalde –
Bernau – Gesundbrunnen – Südkreuz (RE3) zum 30-min-Takt spätestens ab Dez. 2025 - Bestellung von zusätzlichen Verkehrsleistungen der S-Bahn in Rahmen des Vergabeverfahrens
- Erweiterung des Investitionsprogramms i2030 zur dringend notwendigen Angebotsverbesserung im Regionalverkehr
- Beauftragung der BVG zur Verdichtung der Takte der Buslinien
Baustein 7: Berufungsklage gegen das Tempo 30 Urteil auf der Berliner Allee stoppen
Diese Klage wurde ursprünglich mit der durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) erlangten Rechtssicherheit begründet: Man wollte einen Präzedenzfall bekommen (siehe Seite „Hintergrund“). Das Urteil für Tempo 30 des Berliner Verwaltungsgerichts von 2016 stützt sich auf den damaligen Luftreinhalteplan des Senats. Der ist allerdings nicht mehr gültig. Deshalb wird das OVG keinen Präzedenzfall mehr schaffen und die Aufrechterhaltung der Berufungsklage ist sinnlos geworden.
Das versuchsweise Tempo 30 u. a. auf der Leipziger Straße hat (wieder einmal) erwiesen, dass dadurch die Kfz-bedingten Luftschadstoffe reduziert werden. Da die Luftverschmutzung auf der Berliner Allee in den letzten Jahren wetterbedingt knapp unter den Grenzwerten blieb, ist das Zurückziehen der Klage und Umsetzen des Urteils von 2016 die einfachste Möglichkeit, auch hier die Luft zu verbessern, den Lärm zu verringern und die Anzahl und Schwere der Verkehrsunfälle zu reduzieren (vgl. Präsentation auf Seite „Hintergrund).
- Der Berliner Senat muss die Berufung gegen das 2016 erlassene Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin auf Einführung von Tempo 30 auf der nördlichen Berliner Allee umgehend einstellen.
- Die Anforderungen aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sind umgehend umzusetzen.