Die infraVelo, Tochtergesellschaft der landeseigenen Grün Berlin GmbH, kündigt auf Ihrer Homepage den baulichen und verkehrstechnischen Umbau der Bizetstraße zu einer Fahrradstraße an. Nachdem es zunächst Anfang 2021 losgehen sollte, soll das Vorhaben nun im 3. + 4. Quartal 2021 umgesetzt werden. Vorhabenträger ist das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirks Pankow. Auch wenn auf der Seite geplante Radverkehrs-, Radabstellanlagen im Bezirk Pankow davon noch nichts berichtet wird, haben die zuständigen bezirklichen Fahrradwegplaner Anfang des Jahres ausführlich auf unsere Fragen geantwortet.
Was ist genau geplant?
Die Bizetstraße soll auf Ihrer gesamten Länge zwischen Gürtelstraße und Indira-Gandhi-Straße als Fahrradstraße eingerichtet werden. Völlig unklar ist noch die Anbindung / Querung der Indira-Gandhi-Straße und die Anbindung von der Berliner Allee / Greifswalder Straße über die Gürtelstraße an die Bizetstraße.
Neben den Markierungs- und Beschilderungsleistungen sollen auch partielle Asphaltsanierungsarbeiten durchgeführt werden. An allen Kreuzungen der Bizetstraße sollen die Sichtbeziehungen verbessert und damit einhergehend auch eine Verbesserung der Querungsmöglichkeiten für zu Fuß Gehende geschaffen werden. In den Kreuzungsbereichen sind (sofern keine Vorstreckung vorhanden sind) Markierungen in Kombination mit Pollern und Fahrradbügeln für die entsprechenden Sichtfelder vorgesehen.
Darüber hinaus soll die Anzahl der Fahrradbügel in der Bizetstraße erheblich erhöht werden. Der Einmündungsbereich Bizetstraße/Gürtelstraße soll aufgepflastert werden, um neben der Beschilderung ein weiteres Aufmerksamkeitsfeld für die Fahrradstraße zu erzeugen.
Die Fahrradstraße soll nur für Anlieger geöffnet bleiben und gleichzeitig verkehrsrechtlich bevorrechtigt werden. Im Zusammenhang mit der Fahrradstraße werden keine sog. „modalen Filter“ gebaut (Poller im Kreuzungsbereich, die für Fahrradfahrer, aber nicht für Autos PKW durchlässig sind), obwohl die BVV solche bereits 2019 u. a. an der Kreuzung Bizetstraße / Smetanastraße beschlossen hat (Beschluss VIII-0938, ergänzend VIII-1031).
Geplant ist, die Fahrradstraße erst einmal umzusetzen, und dann in einem 2. Schritt ggf. weitere Verkehrsberuhigungsmaßnahmen einzuleiten. Wir befürchten, dass die Vorfahrtberechtigung auf der Bizetstraße ohne effektives Heraushalten des Durchgangsverkehrs zu noch mehr Kfz-Verkehr und erheblichen Konflikten zwischen allen Verkehrsteilnehmern führen wird.
Wie werden die Bürger:innen informiert?
Da sich aus Sicht des Bezirksamtes Pankow für die Anwohnenden der Bizetstraße mit der Einrichtung der Fahrradstraße keine gravierenden Änderungen ergeben, sei eine Bürgerinformation über die Internetseite bzw. eine Pressemitteilung des Bezirksstadtrates zu gegebener Zeit ausreichend. Das Einrichten einer vorfahrtsberechtigten Fahrradstraße ohne Gesamtverkehrskonzept funktioniert allerdings nicht. Deshalb ist eine umfassende Bürgerbeteiligung, bei der es nicht nur um die Fahrradstraße geht, notwendig. Noch weniger verständlich ist, anstatt den Durchgangsverkehr zu unterbinden, zuerst eine Fahrradstraße einzurichten und BVV-Beschlüsse (s.o.) damit zu ignorieren.
Stattdessen sollen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen im Rahmen eines „Feldversuchs Kiezblocks“ umgesetzt werden, wie Pankows Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) im März 2021 mitgeteilt hat. Ziel sei es, das Komponistenviertel vom Durchgangsverkehr abzukoppeln. Die Planung habe bereits begonnen, der Start von konkreten Verkehrsversuchen ist für diesen Sommer geplant. Einen entsprechenden Vorstoß hatte das Netzwerk „Fahrradfreundliches Pankow“ – ein Projekt von „Changing Cities“ – in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt gestartet. Die Vorschläge für konkrete Maßnahmen der Kiezblock-Initiative seien durch das Bezirksamt geprüft und weiterentwickelt worden. Die „Feldversuche“ sind auf ein Jahr Laufzeit angelegt – danach muss entschieden werden, ob die „Kiezblöcke“ dauerhaft bleiben
Informationen dazu auch unter:
https://www.radpankow.de/2020/02/22/kiezblocks-entwuerfe-fuer-pankow/
https://changing-cities.org/kampagnen/kiezblocks/ )
Fazit
Ganz offensichtlich soll die Bizetstraße den Radfahrern auf der Berliner Allee als Ausweichstrecke dienen. Wir befürchten, dass damit ein fahrradfreundlicher Umbau der Berliner Allee zu den Akten gelegt wird, um dem KFZ-Verkehr keine Spur wegnehmen zu müssen. Der Ausbau der Bizetstraße als Fahrradstraße darf aber keinesfalls zu Lasten von Fahrradspuren auf der Berliner Allee gehen. Wir haben ganz im Gegenteil einen BVV-Antrag entworfen, der die Umwandlung der bis zum 24.6.21 markierten Busspur in eine dauerhafte Fahrradspur im Sinne eines Pop-up-Radweges vorsieht.
Letzte Info: BVG-Bus-Ersatzverkehr auf der Bizetstraße im Sommer 2021
Im Rahmen von Baumaßnahmen der BVG auf der Berliner Allee zwischen Herbert-Baum-Straße und Indira-Gandhi-Straße wird die Bizetstraße vom 17.07.21 bis 29.08.2021 für den Busersatzverkehr genutzt (Einbahnstraße stadtauswärts). Damit ist schon einmal Verkehrschaos stadteinwärts auf den parallel verlaufenden engen Straßen im Komponistenviertel (Meyerbeerstraße / Gounodstraße) vorprogrammiert.
Irgendwelche „Feldversuche“ zur Verkehrsberuhigung bzw. die Anlage einer Fahrradstraße können also frühestens im Herbst 2021 beginnen.