Die Ortsumfahrung Malchow soll „mittig durch die Malchower Niederung“ verlaufen. „Die direkte Flächeninanspruchnahme beträgt 6-8 ha, die Kompensationsbedarfe im Wirkbereich der Maßnahme belaufen sich auf etwa 24 ha“. Dieses Gebiet ist allerdings als Erholungsgebiet und für Ausgleichsmaßnahmen von Naturzerstörungen anderswo vorgesehen, das sog. Berliner Ökokonto. Hintergrund des Ökokontos ist die rechtliche Verpflichtung, Schäden an der Natur, z. B. Versiegelungen von Boden oder Fällen von Bäumen durch Baumaßnahmen wie Häuser oder Straßen auszugleichen.
Nun zerstört eine neue Straße sowohl die Natur als auch die Erholungsfunktion. Zu diesem Widerspruch hatten 2021 unsere Freundinnen vom Malchower Luch eine parlamentarische Anfrage formuliert. Nachdem Herr Kuhn im Ruhestand und der Stadtratsposten an die CDU gefallen ist, stellte der nun zum grünen Bezirksverordneten gewählte Axel Lüssow diese kleine Anfrage 0011/IX dem Bezirksamt. Der Antwort entstammen die kursiven Zitate.
Gemäß Senatsbeschluss von 2019 soll im Ökokonto-Leitprojekt, siehe Punkt 11 ein Korridor für die OU Malchow freigehalten werden, „um beide Planungen weiterhin zu entwickeln und zu ermöglichen.“
Die Antwort des Bezirksamts, unterschrieben von Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU), zeigt, dass das nicht funktioniert und die OU Malchow auch viele katastrophale Folgen hätte:
Es „wurden zahlreiche Kompensationsmaßnahmen in der Malchower Auenlandschaft festgesetzt und umgesetzt, die potentiell von der Ortsumfahrung betroffen wären. […] fachlich geeignete Ersatzflächen und Maßnahmen [können] derzeit absehbar nicht durch das Land Berlin bereitgestellt werden.“ Das habe „zeitlich und finanziell nachteilige Konsequenzen in der Projektrealisierung für das Land Berlin“ und den Bezirk Pankow.
„Das Bauvorhaben wird je nach Bauausführung voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf den Wasserhaushalt haben und steht somit den Zielen des Leitprojektes Malchower Auenlandschaft entgegen.“
„In der überschlägigen Eingriffsfolgenabschätzung für das Vorhaben [OU Malchow] werden die Eingriffe in die Schutzgüter Boden, Naturnähe des Wasserhaushalts, Gewässerbelastung, Stadtklima, Biotope und Biotopverbund, Landschaftsbild und Erholung als erheblich eingestuft. Die OU und einhergehende Maßnahmen können demzufolge nicht als klima-, umwelt- und artenschutzgerecht bezeichnet werden“.
Der Unterbau für die Straße müsste in dieses feuchte Gebiet bodenzerstörend stabil aufgeschüttet werden. „Für die Ortsumfahrung muss eine Entwässerungsinfrastruktur […] mit Rückhaltebecken und Vorreinigungsanlagen mit entsprechend zusätzlichem Flächenbedarf geschaffen werden.“
„Im Bundesverkehrswegeplan wurde (2016, Anm. d. Verf.) die Umweltbetroffenheit der Maßnahme als gering eingestuft. […] Die getroffenen Aussagen des BVWP sind für eine Beurteilung der Umweltverträglichkeit auf Landesebene nicht aussagekräftig.“
„Die Schaffung einer stark emittierenden Infrastruktur ist verbunden mit erheblich nachteiligen Auswirkungen auf
a) die besondere Auenlandschaft, die als Vorsorgegebiet Boden besondere Relevanz erlangt;
b) die weiträumig zusammenhängende Offenlandschaft und die an sie gebundenen Tier- und Pflanzenwelt;
c) die produktive Feldflur- und Wiesenlandschaft und ihren typischen Nutzungen und Strukturelementen;
d) den Landschaftswasserhaushalt, auch im Hinblick auf die Erhaltung und Entwicklung der klimatischen Ausgleichsfunktion;
e) das Angebot an ruhigen Orte für die Lärmentlastung der erholungssuchenden Bevölkerung in einem Naherholungsgebiet von gesamtstädtischer Bedeutung welches
i) bereits heute zahlreich genutzt wird und
ii) in Zukunft durch Bauprojekte wie den Blankenburger Süden noch stärker genutzt werden wird (vgl. Landschaftsprogramm Berlin; Umweltatlas Berlin).“
„Gemäß § 4 FStrAbG prüft das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), ob der Bedarfsplan der Verkehrsentwicklung anzupassen ist.“ Diese Bedarfsplanprüfung soll dieses Jahr stattfinden. „Im Zuge der Neu-Evaluation ist nach Einschätzung der zuständigen Umweltbehörden auch eine auf die Maßstabsebene des Landes Berlin bezogene Bewertung der Umweltauswirkungen in die Entscheidung einzubeziehen.“
Uns ist allerdings kein Bauvorhaben bekannt, was von einer Verwaltung oder durch Gerichtsentscheid aufgrund seiner Umweltschädlichkeit aufgegeben wurde.