Parkgebühren

Die Herstellung, Vorhaltung (Reinigung, Beleuchtung) und Instandhaltung von Parkplätzen kostet die Kommunen Geld. Die Herstellungskosten für einen Stellplatz am Straßenrand liegen bei circa 1.500 €, die jährlichen Unterhaltungskosten in Berlin bei circa 60 €. Die Kfz-Steuer deckt bei Weitem nicht die enormen Kosten, die der motorisierte Individualverkehr verursacht (1).

Die Benutzung öffentlichen Straßenlands zum Abstellen von privaten Autos wird also von der Allgemeinheit, also auch von den Menschen, die kein Auto haben, subventioniert.

Straßen, Gehwege, Plätze und Grünflächen in den Städten sind ein Gemeingut, das allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zur Verfügung stehen soll. Parkplätze belegen kostbare innerstädtische Flächen, die für nichts anderes zur Verfügung stehen und aufgrund der Versiegelung ökologisch nutzlos sind.

Angesichts der Flächenknappheit ist der Raum, der parkenden Autos eingeräumt wird, irrational groß. Ein durchschnittlicher Parkplatz benötigt 12,5 qm Fläche – genauso viel wie ein durchschnittliches Kinderzimmer. Dabei wird das Auto nur eine dreiviertel Stunde am Tag bewegt und steht im Schnitt mehr als 23 Stunden täglich herum, meist im öffentlichen Straßenland (2).

Die Menge und Art der Parkraumbereitstellung hat großen Einfluss auf die Wahl des Ziels und des Verkehrsmittels.

Verkehrsmittelwahl in Abhängigkeit vom Parkplatzangebot am Arbeitsplatz

Quelle: Agora Verkehrswende: Parkraummanagement lohnt sich! Leitfaden für Kommunikation und Verwaltungspraxis, 2018

Kostenlose Parkplätze führen zu Autoverkehr. Hingegen werden andere Verkehrsmittel attraktiver, wenn Parkplätze fehlen oder kostenpflichtig sind. Denn wer am Zielort keinen (kostenlosen) Parkplatz findet, macht sich schon vor dem Start über die Alternativen Gedanken.

Parkgebühren reduzieren den Parksuchverkehr, weil es damit mehr freie Parkplätze gibt. Das nutzt denen, die auf ihr Auto angewiesen sind. Parkgebühren verbessern damit die Erreichbarkeit und Funktionsfähigkeit der Stadträume.

Parkgebühren sind in den meisten Städten etabliert und im Ausland häufig höher als hierzulande.

Vergleich Kurzzeitparkgebühren D- Europ. Hauptstädte

Quelle: Agora Verkehrswende: Parkraummanagement lohnt sich! Leitfaden für Kommunikation und Verwaltungspraxis, 2018

Parkgebühren können zeitlich und nach Zentralität unterschiedlich hoch sein.

Die Parkausweise für Bewohnerparken sind in Berlin noch extrem günstig und differenzieren weder nach Ort noch nach Fahrzeug.

Priesvergleich Bewohnerparken

Quelle: Agora Verkehrswende: Parkraummanagement lohnt sich! Leitfaden für Kommunikation und Verwaltungspraxis, 2018

Sie können per Landesverordnung sozial gerecht und ökologisch bepreist werden – siehe unser Verkehrswende-Baustein zum Parken. Ein Konzept dazu scheiterte kurz vor der letzten Wahl. Nun steht die Preiserhöhung der Anwohnerparkvignetten im Koalitionsvertrag:

„- Eine Erhöhung der Beiträge für die Anwohnerparkvignette auf 10 Euro im Monat mit Einführung bis spätestens 2023. Wir prüfen in diesem Zusammenhang Ermäßigungen nach sozialen und ökologischen Kriterien.“

10 € pro Monat sind zwar deutlich mehr als bisher, aber immer noch an der unteren Grenze der bloßen Kostendeckung und vermutlich kaum modal-split-wirksam. Anstatt Ermäßigungen nach sozialen und ökologischen Kriterien, wären Aufschläge nach sozialen und ökologischen Kriterien wie Fahrzeuglänge und Leistung sinnvoll.

„Die Parkraumbewirtschaftung wird innerhalb des S-Bahn-Rings ausgeweitet. Darüber hinaus sind Gebiete mit hohem Parkdruck zu erfassen und bei gegebenen Voraussetzungen zu bewirtschaften.“

Das entspricht exakt dem Berliner Verkehrsentwicklungsplan StEP MoVe. Es fehlt leider eine Zeitangabe. Die ebenfalls vereinbarte  Erhöhung der Kurzzeitparkgebühren wird zur Verdrängung in benachbarte gebührenfreie Gebiete führen. Darin kann und sollte also parallel die Bewirtschaftung eingeführt werden.

City-Maut

Was ist eine City-Maut?

In einer innerstädtischen Zone kostet die Einfahrt und mancherorts auch die Ausfahrt mit einem Auto oder Motorrad eine Gebühr. Diese Gebühr wird neudeutsch City-Maut genannt. Die Grünen fordern sie seit Jahren auch für Berlin, ohne jedoch zu erläutern, wo und wie.

In London gibt es seit 2003 ein Gebiet von 22 Quadratkilometern, was die City of London, das Bankenviertel und das West End umfasst, für dessen Befahren eine ziemlich happige „Congestion Charge“ (Staugebühr) erhoben wird (3). Es ist vom Charakter her kein Wohngebiet: Hier wohnen nur ca. 136.000 der ca. 9 Millionen Londoner:innen.

In Norwegen gibt es in mehreren Städten innerstädtische Mautzonen, wo eine moderate Gebühr zur Finanzierung von Straßenbauvorhaben erhoben wird (4).

In Stockholm wird seit 2007 eine recht moderate City-Maut für Ein- und Ausfahrt erhoben (5).

City-Maut für Berlin?

So wie in London und anders, als in Skandinavien soll die City-Maut hier verkehrslenkende Wirkung entfalten: Der Kfz-Verkehr soll reduziert werden, indem die Leute andere Verkehrsmittel wählen, um die Maut zu sparen.

Dazu muss die Mautgebühr im Vergleich zur ÖPNV-Nutzung höher sein, auch um den erheblichen Aufwand für ihre Erhebung einzuspielen.

Wer innerhalb der Mautzone wohnt und darin Auto fährt, wird nicht erfasst und muss keine Maut  bezahlen.

Welches Gebiet soll also Mautzone werden?

Variante 1: Kleine Mautzone, z. B. der Ortsteil Mitte oder die City West

Die meisten Autofahrten wären nicht betroffen, die Effekte daher gering. Um dieses neue System zu installieren, ist allerdings ein Grundaufwand nötig. In London hat es trotz der hohen Gebühren deutlich länger als die veranschlagten 3 Jahre gedauert, bis das System auch nur refinanziert war.

Variante 2: Der S-Bahn-Ring

Hier wären deutlich mehr Autofahrten betroffen. Allerdings fahren die Bewohner:innen innerhalb des S-Bahn-Rings gratis darin herum – trotz bester ÖPNV-Erschließung. Und knapp die Hälfte aller Autofahrten in ganz Berlin (47,7%) sind unter 5 km lang (6). Da innerhalb des S-Bahnrings aufgrund der höheren Mieten eher Wohlhabende wohnen, ist die Maut sozial ungerecht.

Variante 3: Ganz Berlin

Berliner:innen fahren gratis innerhalb Berlins, Einpendelnde aus Brandenburg müssen zahlen. Das wäre nicht nur ziemlich ungerecht, sondern hätte auch recht geringe Effekte. Schließlich sind die meisten in Berlin herumfahrenden Autos Berliner.

Fazit:

Entweder bringt eine City-Maut nicht viel oder sie ist ungerecht.

Berlin ist eben – anders als London – eine polyzentrale Stadt.

Da es zudem – anders beim Bewohnerparken – einen enormen technischen und administrativen Zusatzaufwand erfordern würde, die Mauthöhe nach sozialen Kriterien zu staffeln, erscheint eine Citymaut für Berlin deutlich weniger geeignet, als das von uns vorgeschlagene Parkraumbewirtschaftungskonzept.

(1) Alle Angaben in diesem Absatz sind Stand 2015, aus „Agora Verkehrswende: Parkraummanagement lohnt sich! Leitfaden für Kommunikation und Verwaltungspraxis“, 2018

(2) BMVI (2017), aus (1)

(3) https://de.wikipedia.org/wiki/London_Congestion_Charge

(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Maut_in_Norwegen#City-Mautringe

(5) https://de.wikipedia.org/wiki/Innenstadtmaut

(6)  Tabellenbericht zum Forschungsprojekt „Mobilität in Städten – SrV 2018“ in Berlin, Tab. 7.1